DGHO Frühjahrstagung 2025: Zukünftige Strategien gegen Krebs- und Blutkrankheiten
Die Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) bot auch in diesem Jahr eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft, klinischer Praxis und Gesundheitspolitik. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen aktuelle Entwicklungen in der Hämatologie und Medizinischen Onkologie – insbesondere die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und Large Language Models (LLMs) in der modernen Medizin.
PD Dr. Peter Bobbert, Präsident der Berliner Ärztekammer, betonte in seiner Eröffnungsrede die Verantwortung, die mit der Integration von KI in die Medizin einhergeht: „KI wird die Medizin revolutionieren. Sie birgt enormes Potenzial und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Doch mit dieser Entwicklung geht auch eine Verpflichtung einher: Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht nur eine veränderte, sondern eine verbesserte Medizin schaffen.“
Klinische Forschung in Deutschland unter Druck
Prof. Dr. Andreas Hochhaus, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO, hob hervor, dass tiefgreifende Veränderungen in der medizinischen Ausbildung notwendig sind: „Wir brauchen wissenschaftlich ausgebildete Fachmediziner, die das Fachgebiet in seiner gesamten Tiefe verstehen. Hier sind jenseits föderaler Grenzen flächendeckende Regeln für die Ausbildung erforderlich; eine Harmonisierung ist unerlässlich.“
Zudem wies Hochhaus auf die wachsenden Herausforderungen der klinischen Forschung in Deutschland hin: „Deutschland fällt im internationalen Vergleich bei klinischen Studien zurück – vor allem durch übermäßige Bürokratie, lange Genehmigungszeiten, unzureichende Finanzierung akademischer Studien und mangelnde Integration in die Regelversorgung. Das muss sich dringend ändern.“ Die Einführung von Paragraph 42e Medizinforschungsgesetz sei zwar ein wichtiger Erfolg der DGHO, doch weitere Reformen seien notwendig, um Deutschland als Forschungsstandort konkurrenzfähig zu halten.
Innovative Therapien: ATMPs auf dem Vormarsch
Ein zentrales Thema der Tagung war die Entwicklung neuer Wirkstoffe für seltene Erkrankungen. Besonders im Fokus standen Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs), darunter Zell- und Gentherapien. Dr. Antje Haas vom GKV-Spitzenverband erklärte: „Weitere Gentherapien stehen kurz vor der Marktreife, zahlreiche ATMPs befinden sich in der klinischen Erforschung. Bei den Medikamenten zur Behandlung seltener Krankheiten besteht die Herausforderung, angesichts der hohen Kosten den Therapiezuwachs neuer Wirkstoffe im Vergleich zu etablierten Therapien zu erfassen.“
Large Language Models in der Medizin: Chancen und Herausforderungen
Large Language Models (LLMs) gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Medizin. Diese leistungsstarken KI-Modelle können riesige Datenmengen analysieren, klinische Dokumentationen strukturieren und Diagnosen unterstützen. Dr. Jan Moritz Middeke vom Universitätsklinikum Dresden erläuterte: „LLMs helfen, die zunehmende Komplexität – etwa durch mehr Therapieoptionen oder komplexere Nebenwirkungen neuer Therapieformen – zu bewältigen.“
Eine zukunftsweisende Anwendung von KI stellte Prof. Dr. Daniel Truhn von der RWTH Aachen mit der digitalen Wissensplattform Onkopedia vor. Er erklärte: „Foundation Models unterstützen die Diagnostik durch die Erkennung von Tumoren sowie die Analyse von MRT-Befunden und histologischen Präparaten. Zudem erleichtern sie die personalisierte Therapie durch die Auswertung genetischer Daten und die Erarbeitung individueller Therapieempfehlungen.“ Auch die klinische Dokumentation profitiert von KI, indem Arztberichte automatisiert erfasst und strukturiert werden. Truhn fasst zusammen: „Die KI-gestützte Studienrecherche und das Patienten-Matching für klinische Studien eröffnen völlig neue Möglichkeiten für die personalisierte Onkologie.“
Die Tagung verdeutlichte, dass KI und LLMs die Effizienz und Präzision der medizinischen Versorgung erheblich steigern können. Gleichzeitig wurde betont, dass diese Technologien sorgfältig validiert und ethisch kontrolliert werden müssen, um die Sicherheit der Patientenversorgung zu gewährleisten.
Bedeutung medizinischer Register für Forschung und Therapie
Ein weiterer zentraler Themenblock der Tagung war die Rolle von medizinischen Registern für die Forschung und Therapieoptimierung. Fachvorträge aus den Bereichen Pädiatrie, Onkologie und Hämatologie beleuchteten verschiedene Perspektiven auf dieses essenzielle Thema.
Die Expert:innen wiesen auf aktuelle Herausforderungen hin: Der Datenschutz erfordert höchste Standards bei der Speicherung und Nutzung sensibler Patientendaten. Zudem ist die Datenqualität entscheidend – nur präzise, vollständige und standardisierte Informationen liefern aussagekräftige Ergebnisse. Darüber hinaus wurde das Ziel einer stärkeren Vernetzung nationaler und internationaler Register betont, um noch umfassendere Erkenntnisse zu gewinnen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Analyse wird hierbei zukünftig eine Schlüsselrolle spielen.
Quelle:Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO)